Digitales Dorf: Mobiler Dorfladen

Mit Digitalisierung ländliche Räume attraktiver machen

Mobile Dorfladen unterwegs
© Steinwald-Allianz

Die zunehmende Verstädterung in Verbindung mit dem demographischen Wandel hat massive Auswirkungen auf den ländlichen Raum: Öffentliche und private Dienstleistungen sowie technische und soziale Infrastruktur fallen nach und nach weg, da sie sich einfach nicht mehr lohnen. Eine daraus resultierende große Herausforderung auf dem Land ist die Aufrechterhaltung der Nahrungsmittelversorgung: kleine Läden in den Ortsmitten schließen – große Supermärkte siedeln sich dagegen nur in einwohnerreichen Orten oder an Ortsrändern an. Um dem entgegenzuwirken, wurde im Rahmen des Projekts »Digitales Dorf Bayern« ein neues lokales Versorgungskonzept entwickelt und der »Mobile Dorfladen« initiiert, der die Bevölkerung in entlegenen Ortsteilen mit Waren des täglichen Bedarfs versorgt. Das zentrale Element im Projekt ist eine digitale Plattform, die die Online-Bestellung ermöglicht und an die Routenplanung sowie das Warenwirtschaftssystem angebunden ist.

Die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums fördern

Der »Mobile Dorfladen« wurde umgesetzt, um die ländliche Nahversorgung zu unterstützen und damit die Lebensqualität in kleinen Ortschaften zu verbessern als auch um Arbeitsplätze zu erhalten oder gar um welche zu schaffen. Um außerdem regionale Kreisläufe zu stärken, werden vorranging Produkte regionaler Erzeuger angeboten. Neben dem Betrieb dieses mobilen Dorfladens in einer Modellregion sind dessen kontinuierliche Weiterentwicklung zu einer ökonomisch nachhaltigen Lösung für den ländlichen Raum und die Prüfung der Übertragbarkeit dieser Lösung auf andere bayerische Gemeinden Ziele im Projekt. Perspektivisch kann die Projektidee durch weitere Dienstleistungen, z. B. aus dem Gesundheitssektor oder im Bereich haushaltsnahe Dienstleistungen, ergänzt werden.

Während der Modellphase des Projektes wurden neben dem Management des Geschäftsbetriebs die digitalen Komponenten laufend betreut und weiterentwickelt. Darüber hinaus wurde ein dichtes Netzwerk zu bereits teilnehmenden regionalen Erzeugern gepflegt sowie neue Partner akquiriert. Die durch den Betrieb entstehenden Daten liefern eine wichtige Grundlage zur Identifikation von Stellhebeln für die Wirtschaftlichkeit. Um ökonomisch erfolgreich und nachhaltig in der ländlichen Region bestehen zu können, werden die im laufenden Betrieb des mobilen Dorfladens identifizierten Stellhebel und Erfolgsfaktoren zur Weiterentwicklung herangezogen.

Aus den Forschungsergebnissen und Erfahrungen wurden Leitfäden entwickelt, die auch andere bayerische Kommunen bei der Umsetzung digitaler Lösungen in ihren Gemeinden unterstützen.

 

Smarte Nahversorgung – Mobiler Dorfladen mit Online-Shop in der Steinwald-Allianz

Als Modellregion für dieses Vorhaben wurde die Steinwald Allianz, angesiedelt im Landkreis Tirschenreuth, ausgewählt und hier der »Mobile Dorfladen« ins Leben gerufen: Ein speziell ausgebauter 12 t-Lkw mit 17 m2 begehbarer Verkaufsfläche hält in entlegenen Ortsteilen und stellt so die Grundversorgung der Anwohnerinnen und Anwohner mit Lebensmitteln, u. a. von regionalen Erzeugern und anderen Gütern des täglichen Bedarfs, entlang festgelegter Routen quer durch die Modellregion sicher. Die in einem Online-Shop aufgegebenen und vorab bezahlten Bestellungen werden von den Mitarbeitern kommissioniert, sodass die Kundinnen und Kunden ihre Waren nur noch an dem von ihnen ausgewählten Datum und Halteort am Fahrzeug abholen müssen. Um den Geschäftsbetrieb, die Verbesserung der inhaltlichen Ausrichtung des Betriebs und die Instandhaltung des Verkaufsfahrzeugs kümmert sich kontinuierlich die Steinwald Dorfladen GmbH. Mit den festen Routen hat sich der »Mobile Dorfladen« auch als Ort sozialer Begegnungen etabliert: ein neuer wichtiger Treffpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner, die den Einkauf im begehbaren Lkw für Informationsaustausch und Kommunikation nutzen.

 

Digitaler Marktplatz – Optimierung durch Datenanalysen und Bedarfsprognosen

Die Weiterentwicklung des mobilen Dorfladens umfasst neben technischen Anpassungen des Verkaufsfahrzeugs auch die datenbasierte Optimierung des digitalen Marktplatzes. Datenanalysen und Prognoseverfahren sollen dabei ebenso unterstützen wie die direkte Beteiligung der Kunden und der Bürger. Konkret sieht das Ganze so aus: Im Lkw wird ein Edge Computing Systems verbaut. Dieses überwacht das Energie- und Kühlkettenmanagement im Verkaufsfahrzeug und erfasst sämtliche Daten aus dem Online- und Offline-Verkauf. Durch die Datenanalyse sollen Effizienz und Auslastung gesteigert, Bedarfe besser geplant und so die Wirtschaftlichkeit verbessert werden. Neue regionale Kooperationen und Services sollen über die digitale Plattform angeboten werden. Auch sollen die Angebote auf neue Lebensbereiche ausgeweitet werden, z. B. bezogen auf Gesundheitsthemen oder aktuelle Herausforderungen des Arbeitsmarkts. Zudem werden im Austausch mit anderen Digitalisierungsprojekten und Regionen Erfolgsfaktoren für eine erfolgreiche Verstetigung untersucht, die auch nach Ende einer öffentlichen Förderung eine flächendeckende und nachhaltige Lösung für ländliche Räume garantieren.

 

Kommunale Digitalstrategie – Projektergebnisse als Online-Leitfaden

Der »Mobile Dorfladen« wurde vom Fraunhofer IIS und dem Zweckverband Steinwald-Allianz betreut und wird von der Steinwald-Allianz auch nach der Förderlaufzeit weiter betrieben. Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden durch die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services des Fraunhofer IIS als Online-Leitfaden anschaulich aufbereitet. Angereichert mit Best Practice-Beispielen, steht der Online-Leitfaden interessierten Kommunen, Bürgerinnen und Bürgern sowie weiteren Multiplikatoren der Digitalisierung unter https://digitales-dorf.bayern/ zur Verfügung.

Stimmen zum Projekt:


Ilse Aigner, ehemalige bayerische Wirtschaftsministerin
»Die Versorgung ländlicher Räume kann durch digitale Angebote in vielerlei Hinsicht erheblich verbessert werden. Das betrifft den Handel, die medizinische Versorgung, aber auch Mobilitätslösungen. In der Konsequenz erhöht sich dadurch die Attraktivität der Gemeinden sowie die Lebensqualität der Einwohner.«

Martin Schmid, Allianz-Manager des nordbayerischen »digitalen Dorfs«
»Das Fraunhofer-Team geht hoch professionell, motiviert und engagiert an die Umsetzung des Projekts heran. Bemerkenswert ist die Vielzahl der beteiligten wissenschaftlichen Bereiche, deren Arbeit dann zu einem großen Ganzen zusammengesetzt wird. Wir haben bisher das Gefühl, als »ländlicher Raum in Randlage« auf Augenhöhe mit der Wissenschaft zu kooperieren.«

 

Dr. Andreas Hamper, Projektleiter »Mobiler Dorfladen« bei der Arbeitsgruppe für Supply Chain Services
»Das Projekt hat gezeigt, dass innovative Versorgungslösungen helfen, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land zu sichern. Hier gilt es, Lösungen gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern und zugeschnitten auf die jeweilige Region zu erforschen und entwickeln. Die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt ›Mobiler Dorfladen‹ fließen bereits in unsere weitere Forschung zur Digitalisierung in der öffentlichen Daseinsvorsorge ein, z. B. im Bereich Gesundheit und Pflege sowie Bildung und Mobilität.«

 

Prof. Dr. Alexander Martin, Institutsleiter des Fraunhofer IIS
»
Die Beratung in der Digitalisierung im öffentlichen und privaten Sektor ist ein Baustein in der digitalen Transformation der Daseinsvorsorge für Lebensqualität und Teilhabe. Damit stärken wir zugleich die Attraktivität und Zukunftsfähigkeit von Standorten und Regionen.«

Radiointerview - Der mobile Dorfladen

Annemarie Wojtech von der Arbeitsgruppe SCS spricht im Radiointerview mit SNA Radio über den neuen mobilen Dorfladen.

Erfahren Sie hier mehr zum Interview rund um den mobilen Dorfladen

 

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Weitere Informationen unter: dd-die-community

 

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