Zukunftstrends erkennen und beherrschen: Denkanstöße für die Logistikbranche

Container und Internet: Das sind zwei offensichtliche Innovationen, die die Logistik in den letzten Jahrzehnten maßgeblich verändert haben. Sie sorgten für eine weltweite Vernetzung und damit für neue, größere Märkte und ein enormes Wachstum des globalen Handels. Die Welt ist mit ihnen kleiner geworden aber die Chancen für die Wirtschaft wurden größer – jedoch nur für die Unternehmen, die das Potenzial der Innovationen rechtzeitig erkannten und die Klaviatur der neuen Zeit perfekt spielen lernten.

Wesentliche Innovationen rechtzeitig (er)kennen

Deshalb ist es so wichtig, heute schon zu wissen, was morgen State-Of-The-Art sein wird. Nur: Was sind die Innovationen der Zukunft? Im Rückblick scheinen solche wesentlichen Innovationen immer als logische Konsequenz vorheriger Entwicklungen - sie muten revolutionär an, mit einer klaren Grenze zwischen Vorher und Nachher. Diese Klarheit wird aber nur beim Blick zurück deutlich.

Fragen wir uns heute welche Innovationen bis zum Jahr 2030 eine ähnliche Schlagkraft entwickeln werden, wird die Beantwortung der Frage um einiges schwieriger. Diese sogenannten disruptiven Innovationen befördern zwar grundlegend neue Funktionen und Anwendungen und verändern die Spielregeln auf dem Markt. Anfangs werden sie jedoch in vielen Fällen unterschätzt und fahren unter dem Radar. Wenn sie wahrgenommen werden, ist ihr Einfluss für die Masse noch so unbedeutend, dass deswegen funktionierende Geschäftsmodelle nicht umfunktioniert werden. Tritt die Veränderung dann aber mit ihrer ganzen Kraft ein, kann es in vielen Fällen schon zu spät sein. Es gilt deshalb den richtigen Zeitpunkt für die Einführung der Innovationen nicht zu verpassen.

Aktuelle Entwicklungen in der Logistikbranche

Voraussetzung dafür ist, die Trends zu kennen, die den eigenen Markt beherrschen. Die Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS beobachtet seit 20 Jahren die Entwicklungen in der Logistik und leitet daraus wesentliche Tendenzen ab. Aktuell fokussieren wir unsere Forschung auf acht Megatrends, die aus unserer Sicht das Potenzial haben, die Logistik in den nächsten Jahren maßgeblich zu verändern:

· Digitalisierung
· 3D-Druck
· Autonomes Fahren
· Robotik
· Informationssgesellschaft
· Diversifizierung
· Servitization
· Nachhaltigkeit 

Trends beherrschen – Chancen ergreifen

Diese Megatrends werden sich in der Zukunft verändern, durch neue ergänzt werden, für die Logistikbranche an Bedeutung verlieren oder gewinnen. Sie müssen also regelmäßig überprüft werden. Vor allem aber stehen sie in engem Zusammenhang zueinander und sind nicht isoliert zu betrachten.

Wer zukünftig also Supply Chain Management erfolgreich betreiben möchte, indem er neue Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle definiert, muss das Wissen um die kontinuierliche Veränderung und die Vernetzung von Trends berücksichtigen, nur dann wird er die Zukunft beherrschen können.

 

8 Megatrends der Logistikbranche aus Sicht von Fraunhofer SCS

All diese Trends haben das Potenzial, disruptiven Innovationen den Weg zu bereiten oder sogar selbst zu einer solchen zu werden. Ob, wann und mit welcher Relevanz für die Logistik dies geschieht, werden die nächsten Jahre zeigen. Vor allem die Themen Digitalisierung und wachsende Service-Orientierung stehen aus Sicht der Fraunhofer SCS unter besonderer Beobachtung: Sie finden sich in allen Trends wieder, schaffen die Voraussetzungen, um die Wertschöpfungskette zum Wertschöpfungsnetz zu transformieren und bringen damit die notwendige Durchschlagskraft auf, den Logistikmarkt grundlegend zu verändern.

Digitalisierung

Objekte werden auf der Grundlage von neuen Technologien, Mobile Computing und Internet of Things smarter und intelligenter. Um diese smarten Objekte herum werden neue datengetriebene Dienstleistungen entwickelt, mit dem Ziel, die Effizienz von Produkten und Prozessen zu steigern. Diese Transformation ist mit grundlegenden Veränderungen der Geschäftsmodelle und Unternehmenskooperationen verbunden. Vor allem in der Logistik besteht hier noch viel Forschungs- und Handlungsbedarf.

 

3D-Druck

Klassische Produktionsverfahren werden durch neue additive Verfahren (3D-Druck) ersetzt, die immer schneller eine immer größere Anzahl von Materialien verarbeiten können. Es gibt beinahe täglich neue Praxisbeispiele, die zeigen, wie 3D-Druck Einsatz finden kann, z. B. beim Bau von Metallbrücken, Flugzeugteilen oder Fahrzeug-Chassis. Die Verfahren ermöglichen individuelle Produkte bis hin zur Losgröße eins und spiegeln damit auch eine sich weiter individualisierende Gesellschaft wider. Hier deutet eine gravierend zunehmende Anzahl an Patenten auf ein hohes Innovationspotenzial hin, das Produkte, Prozesse und Geschäftsmodelle verändern wird.

Autonomes Fahren

Die notwendigen Technologien sind mittlerweile soweit ausgereift, dass autonomes Fahren, beispielweise auf Teststrecken wie der A9, technisch möglich ist. Problematisch sind aktuell ausschließlich rechtliche Fragestellungen wie z. B. Haftungsfragen, die mit der Teilhabe autonomer Fahrzeuge am öffentlichen Straßenverkehr in Verbindung stehen. Die Automobilindustrie wird sich daher grundlegend wandeln, mit weitreichenden Auswirkungen für die Logistikdienstleister der Branche. Darüber hinaus eröffnet autonomes Fahren neue Möglichkeiten für die Gestaltung von Prozessen und die Personalplanung im Güterverkehr.

Robotik

Die weltweite Nachfrage nach Industrierobotern steigt bis 2025 voraussichtlich um 10% jährlich. Deutschland ist neben Japan, Südkorea, China und den USA Leitmarkt für den Absatz von Robotern. Die zunehmende Verbreitung ist auf einen höheren Funktionsumfang der Roboter durch die Nutzung neuer Technologien und Materialien zurückzuführen. Gerade durch den Einsatz außerhalb von Sicherheitszäunen und in direkter Kooperation mit dem Menschen ergeben sich neue Anwendungsfelder für Roboter, die die Produktivität in der Wertschöpfungskette erhöhen werden.

Informationssgesellschaft

Das globale Wissen wächst rasant, nachweisbar am exponentiellen Anstieg des weltweiten Datenvolumens. Durch die Vernetzung von Menschen und Dingen werden permanent neue Daten generiert und gespeichert. Daten gelten also nicht zu Unrecht als Rohstoff der Zukunft. Aufgabe der Logistikbranche wird es sein, durch die Analyse dieser Daten einen Mehrwert für den Anwender zu generieren und daraus neue Produkte oder Dienstleistungen zu entwickeln. Grundlage dafür ist die Generierung eines Datenraums, in dem die Daten sicher zwischen den unterschiedlichen Akteuren der Wertschöpfungskette ausgetauscht werden können.

Diversifizierung

Die Belegschaften werden immer heterogener: Die Erwerbsquote bei 55- bis 65-Jährigen steigt ebenso wie der Frauenanteil und die Anzahl von Menschen mit Migrationshintergrund. Heterogene Belegschaften stellen insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen vor große Herausforderungen, bieten im Hinblick auf die Globalisierung aber auch große Potenziale. Aufgabe der Logistikbranche wird es sein, die Diversität gerade im Hinblick auf die Qualifikation und Gesundheit der Mitarbeiter zu beherrschen.

Servitization

Deutschland wandelt sich von einer Industrie- zu einer Dienstleistungsgesellschaft. Kunden kaufen nicht mehr allein das Produkt, sondern auch die damit verbundenen Dienstleistungen. Durch diese hybriden Produkte können Unternehmen ihre Umsatzchancen verbessern und eine höhere Kundenbindung erzielen. Diese Transformation ist jedoch mit weitreichenden Veränderungen im Kundenkontakten und in den Geschäftsmodellen verbunden. In den nächsten Jahren müssen durch die Branche die Potenziale und Herausforderungen einer serviceorientierten Logistik unbedingt geprüft werden.

Nachhaltigkeit

Klimawandel und Klimaschwankungen gelten als die schwerwiegendsten von Menschen verursachten Umweltprobleme. Zur Abmilderung der Folgen des Klimawandels setzen Staaten und Unternehmen zunehmend auf strengere Richtlinien und Strategien. Darüber hinaus fragen Kunden vermehrt nachhaltige Produkte und Dienstleistungen nach. Aufgabe der Logistik wird es sein, neue Nachhaltigkeitsstrategien zu entwickeln und einen stärkeren Beitrag zur Reduktion von Klimagasen zu leisten, z. B. durch den Einsatz emissionsarmer Fahrzeuge oder durch die klimaverträgliche Optimierung von Transportwegen.